Getir, ein türkisches Unternehmen, das sich als Pionier im Bereich der superschnellen Lieferung positioniert, hat eine interessante Entwicklung hinter sich. Mit einer Bewertung von fast 12 Milliarden US-Dollar nach der jüngsten Finanzierungsrunde scheint es, als sei das Unternehmen auf einem kometenhaften Aufstieg. Allerdings zeigen neuere Entwicklungen, dass die Strategie von Getir möglicherweise nicht so universell ist, wie das Unternehmen glauben möchte.
Bislang ist Getir in nur sieben deutschen Städten aktiv, darunter Berlin, Hamburg und München. Das Expansionstempo wurde jedoch kürzlich gedrosselt, da Lagerflächen in kleineren Städten, die bereits angemietet waren, noch nicht eröffnet wurden. Standorte in Metropolen wie Berlin und Köln wurden sogar wieder geschlossen. Diese Entwicklungen werfen Fragen auf: Ist das Geschäftsmodell von Getir wirklich so skalierbar und anpassungsfähig, wie das Unternehmen behauptet?
Ein möglicher Faktor für die Herausforderungen könnte die Übersättigung des Quick-Commerce-Markts sein. Die Branche ist hart umkämpft, und auch das relativ unflexible Konzept, das Getir fast eins zu eins aus der Türkei importiert hat, könnte zu den Schwierigkeiten beitragen.
In der Türkei hat Getir die Möglichkeit gehabt, in einem weniger umkämpften Marktumfeld zu wachsen. Hier wurde es als dominierender Alleslieferant etabliert und bietet eine breite Palette von Dienstleistungen an – von Lebensmittellieferungen bis hin zu Jobangeboten. Doch diese Vielseitigkeit scheint in anderen Märkten nicht so reibungslos funktionieren zu können.
In Großbritannien, zum Beispiel, hat Getir den Wettbewerber Weezy übernommen und ist mit mehr als 130 Dark Stores vertreten. Aber auch hier gibt es Herausforderungen, wie ein im Vergleich mageres Sofortverzehrsortiment zeigt.
In Deutschland wiederum scheinen lokale Anbieter wie Gorillas und Flink besser verstanden zu haben, was die eilige Großstadtkundschaft tatsächlich möchte: lokale Produkte kleinerer Hersteller, eine breite Bio-Auswahl und besondere Artikel, die es nicht in jedem Supermarkt gibt. Im Gegensatz dazu wirkt das Getir-Sortiment eher wie ein Tankstellenshop, der auf Lieferdienst-Links gedreht wurde, mit einer Dominanz von Produkten großer Markenartikelhersteller.
Die Zurückhaltung von Getir gegenüber Anfragen, die Geschäftsgeheimnisse betreffen könnten, zeigt eine zusätzliche Ebene der Unsicherheit, die es schwierig macht, das tatsächliche Potenzial des Unternehmens in neuen Märkten zu beurteilen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Getir zwar in der Türkei erfolgreich sein mag, aber die Übertragung dieses Erfolgs auf andere Märkte ist nicht selbstverständlich. Unterschiedliche Verbraucherpräferenzen, eine Übersättigung des Marktes und der Mangel an Flexibilität könnten wichtige Stolpersteine für das Unternehmen darstellen. Eine universelle Lösung für alle passt vielleicht doch nicht immer.
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