Das Grand Kartal Hotel in Kartalkaya wurde durch eine schreckliche Tragödie, die 78 Menschen das Leben kostete, zum Symbol für Fahrlässigkeit, Profitgier und Regelverstöße. Das Feuer, das das Hotel in den frühen Morgenstunden erfasste, offenbarte gravierende Sicherheitsmängel und Versäumnisse, die sich über Jahre hinweg angehäuft hatten. Die Ereignisse werfen ernste Fragen auf, die nicht nur den Besitzer Halit Ergül und das Hotelmanagement betreffen, sondern auch die Behörden, die die Missstände jahrelang ignorierten.
Versäumnisse trotz klarer Vorschriften
Im Jahr 2021 wurde die Brandschutzverordnung in der Türkei überarbeitet. Eigentümer bestehender Gebäude hatten bis Ende 2024 Zeit, ihre Immobilien entsprechend anzupassen. Trotzdem unternahm Halit Ergül, der Besitzer des Grand Kartal Hotels, erst in der letzten Dezemberwoche einen Versuch, eine Brandschutzbescheinigung zu erhalten. Dieser Versuch scheiterte jedoch, da das Hotel nicht die grundlegenden Anforderungen erfüllte. Die Liste der Mängel, die die Feuerwehr vorlegte, war lang: Es fehlten unter anderem Rauchmelder, Brandschutztreppen und Alarmanlagen. Statt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, zog Ergül die Anträge zurück.
Illegale Bauten und Prioritäten
Ein weiteres Problem sind die illegalen Bauten des Hotels. Die obersten zwei Etagen, darunter auch die luxuriöse „Königssuite“, wurden ohne Genehmigung errichtet und sind nicht über einen Aufzug erreichbar. Dennoch wurden diese Etagen nie abgerissen, und die Betriebsgenehmigung des Hotels blieb bestehen – ein Rätsel, das die Behörden beantworten müssen.
Während Sicherheitsmaßnahmen ignoriert wurden, investierte Ergül Millionen in einen Tunnel, der zwei seiner Hotels miteinander verbindet. Dieser Tunnel sollte Gästen ermöglichen, bei starkem Schneefall oder Stürmen sicher zwischen den Restaurants der beiden Hotels zu wechseln. Der Fokus auf Luxus und Komfort für Gäste kontrastiert scharf mit der Vernachlässigung lebenswichtiger Sicherheitsvorkehrungen.
Unmenschliche Praktiken
Nach dem Brand dauerte es zwei Tage, bis die Löscharbeiten und die Bergung der Opfer abgeschlossen waren. Währenddessen wurde berichtet, dass das benachbarte Hotel, das ebenfalls Ergül gehört, von den Rettungskräften genutzt werden sollte, um sich aufzuwärmen und auszuruhen. Medienberichte zufolge verlangte das Management jedoch Gebühren von den Einsatzkräften – ein Vorwurf, der weder bestätigt noch dementiert wurde.
Die mangelnde Transparenz und Kommunikation des Hotelmanagements verstärkte die Empörung der Öffentlichkeit. Nach der Tragödie gab es lediglich eine knappe Stellungnahme, in der versichert wurde, man arbeite mit den Behörden zusammen. Konkrete Antworten auf die zahlreichen Vorwürfe blieben aus.
Problematische Zertifikate
Laut Experten ist es unmöglich, ohne die Zustimmung der Feuerwehr eine Betriebs-, Bau- oder Tourismuslizenz zu erhalten. Dennoch besitzt das Grand Kartal Hotel diese Dokumente. Es wird vermutet, dass das Hotel Management alternative Wege nutzte, um Zertifikate zu erlangen. Unter anderem wurden zwei private Organisationen genannt, die sogenannte „nachhaltige Tourismuszertifikate“ ausgestellt haben sollen. Solche Zertifikate haben jedoch keine rechtliche Relevanz im Brandschutz und ersetzen nicht die Vorschriften der Feuerwehr.
Ein Brandschutzexperte erklärte, dass solche Betriebe mindestens 14 Kriterien erfüllen müssen, darunter Energie- und Wassereinsparungen sowie Maßnahmen zur Abfallreduzierung. Es ist jedoch fraglich, wie das Hotel diese Anforderungen erfüllen konnte, während es gleichzeitig elementare Brandschutzmaßnahmen ignorierte.
Nachwirkungen der Katastrophe
Nach Abschluss der Löscharbeiten wurde das Grand Kartal Hotel von den Behörden versiegelt. Wichtige Gegenstände und Wertgegenstände aus dem Gebäude wurden registriert und als Beweismaterial gesichert. Die Tragödie hat nicht nur das Hotel zerstört, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Aufsichtsbehörden erschüttert.
Dennoch kehrte die Region Kartalkaya schnell zur Normalität zurück. Nur einen Tag nach der nationalen Trauer öffneten die umliegenden Hotels ihre Skipisten wieder, und die Urlauber setzten ihre Freizeitaktivitäten fort – ein trauriger Kontrast zu der Tragödie, die sich nur wenige Stunden zuvor ereignet hatte.
Fazit
Das Grand Kartal Hotel steht beispielhaft für die gefährlichen Folgen von Regelverstößen und unternehmerischer Gier. Die Vernachlässigung grundlegender Sicherheitsmaßnahmen, die Missachtung von Vorschriften und die Priorisierung von Profit über Menschenleben haben eine verheerende Tragödie verursacht. Während die Behörden und das Management sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben, bleibt die zentrale Frage offen: Warum wurde jahrelang nichts unternommen, um eine solche Katastrophe zu verhindern?
Die Tragödie von Kartalkaya sollte als Mahnung dienen, dass Sicherheit niemals vernachlässigt werden darf – weder durch Unternehmen noch durch die Behörden, die sie überwachen sollen.
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